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Gleich zu Beginn unserer Ferientage trafen wir auf Lucius, den römischen Kopf.
Nein, wie er wirklich hieß wissen wir beileibe nicht. Es war ein Späßchen unter uns,
dass wir den Römerkopf mit Helm derart nannten, schließlich liefen wir täglich
mehrmals an ihm vorbei: auf dem Weg zum Kurpark, zur Cafeteria oder ein in Richtung
Chiemsee-Ufer entlang...
Viel war liegen geblieben, was nach unserer Rückkehr erledigt werden musste. Handwerksarbeiten, ein neuer Garderobenschrank wurde angeliefert, der Garten, unaufschiebare Korrespondenz wollte geschrieben sein sowie wichtige Telefonate, die terminlich anstanden. Willkommen im Alltag!
mmEv
Eventuell...
...eine Hommage für Leoparda?
Was würden die Steine, die bei den Ausgrabungen in Seebruck zutage traten, erzählen wollen, überlegte ich gedankenverloren? Diese Unmenge an behauenen Felsen, die von fachkundigen Steinmetzen bearbeitet auf ihren Einsatz warteten. Kamen sie nach der Fertigstellung in den Tempel, um dem Gott des Wassers Bedaium zur Ehre zu gereichen? Oder profan als Straßenbelag zum Einsatz verbaut, um das weitläufige Wegenetz zu ergänzen? Diese Wege, die den Handel und nicht zuletzt die Eroberung der Gegend durch die Römer erst ermöglichten. Steine erzählen tatsächlich Geschichte. Archäologen untersuchten und entschlüsselten viele Geheimnisse. Einige Details berichte ich heute hier!
Die Spannung knisterte vernehmlich, wir - der Göttergatte und ich - untersuchten beide neugierig die Umgebung nach dem römischen Alltag ab!
Leoparda soll stellvertretend abgebildet sein, für die soziale Stellung der Frau zur Epoche der Kelten, der römischen Vergangenheit und gleichzeitig einen Spagat in die heutige Welt leisten.
Es galt die Vergangenheit, vor über 2.000 Jahren zu erkunden, in eine Epoche einzutauchen, die kaum im Geschichtsunterricht berührt wird.
Urlaub mit Forscherdrang sozusagen...
...was uns gefällt!
Morgens gönnen wir uns nach dem Wachwerden - es wurde zu einem Ritual - auf dem hauseigenen Balkon unseres Hotels den überwältigenden Blick auf den Chiemsee. Welch' unbeschreibliche Stimmungen sich täglich auftaten. Durchatmen und in den Tag starten. Ein reichhaltiges Frühstücksbuffet erwartete uns.
Die Boote am Ufer ringsherum, wie oben im Bild zu erkennen, tragen Namen, besitzen eine Art Nummernschild. TS für Traunstein... wie es uns nahe liegt. Das Gelbe heißt liebenswürdig 'Hansl', eine Verniedlichung von Hans.
Wir sehen nach rechts, wo die Boote am Kai vom Hotel liegen, sich der See öffnet, zahlreiche Wasservögel dahintümpeln. Dann der Schwenk mit dem Kopf nach links, über die Brücke, der Alz entlang, wo sich das Wasser in einer Biegung verliert. Es ist der Fluss, der im vorigen Post beschrieben wurde. "Was stellen wir heute an?" fragt der Göttergatte, vor dem Besuch im Römermuseum wollten wir die Umgebung, sprich Seeon-Seebruck erkunden, nach Übersee wegen der Trachtenmode fahren, nach Prien ... die Ideen und Wünsche sprudelten in der Diskussion.
Doch unchronologisch zunächst die Erkenntnisse aus dem Römermuseum vorgezogen!
Wir lassen uns ein, auf den Blick in die damalige prähistorische Situation
in dieser Umgebung vom Chiemsee, nicht nur in Seebruck alleine.
Die Überlegung, wie sich der einzelne Tag im Urlaub gestaltet, richtet jedoch Petrus einerseits und andererseits die Öffnungszeiten. Beispielsweise öffnet das angepeilte Römermuseum seine Pforte nur von Mittwoch bis Sonntag zu bestimmten Zeiten.
Im Vorfeld lese ich, dass die Ausstellung im Römermuseum durch die damalige Prähistorische Staatssammlung in München 1988 eingerichtet worden war. Neben etlichen Zeugnissen aus einem halben Jahrtausend einer norisch-keltischer Dorfgemeinschaft und der römischen
Benefiziarierstation*
werden auf den Etagen die Fundstücke der Vorgeschichte und der Besiedlung durch die Bajuwaren ausgestellt. Daneben locken immer wieder Sonderausstellungen. Ein Teil der Mauer des spätantiken Kastells ist sichtbar.
*Benefiziarierstation = die Benefiziarier waren vom jeweiligen Statthalter aus ihren Stammeinheiten abkommandierte Soldaten, die an den Fernstraßen des Reichs Polizeifunktionen wahrnahmen. Um ihre speziellen Aufgaben ausführen zu können, waren sie vom einfachen Dienst (= Munera) eines normalen Soldaten befreit. Sie gehörten zur Charge der Principales, welche unter anderem die Frumentarier und Speculatores mit einschloss. Mit gelegentlich zugeordneten einfachen Soldaten und Hilfspersonal waren sie in sogenannten Benefiziarierstationen (= Straßenstationen) eingesetzt. Diese befanden sich an Grenzübergängen, Straßenkreuzungen, Flussübergängen und anderen neuralgischen Punkten der Provinzen. In einer Zenturie, Kohorte oder Legion übernahmen die Benefiziarier Sekretärs- und Schreiberfunktionen für die Legaten und Tribunen.
Doch zurück zum Römermuseum, zu unserem Ausflug. Am Museum beginnt und endet ein etwa 27 km langer, 1998 eröffneter archäologischer Rundweg. Hier einige verlinkte Orte, die Haltepunkte sind:
- Das besagte Römermuseum
- ein Gräberfeld Bedaium
- Keltisches Gehöft Stöffling
- Keltenschanze bei Truchtlaching
- eine Fluchtburg an der Alz
- Grabhügel bei Ischl
- Gräberfelder bei Ischl
- Hortfund von Heimhilgen
- Römerstraße bei Seebruck
- Darre und Römische Siedlung
- Römisches Streifenhaus
...was wir in der Kürze der Urlaubstage kaum alles bewältigen konnten.
Die
Berufe in der Sonderausstellung werden in der Eingangshalle anhand von Puppen demonstriert mit entsprechenden Attributen wie etwa Werkzeugen, daneben Tafeln mit Erläuterungen.
Beindruckend fand ich persönlich die Tatsache, dass zu der damaligen Zeit wohl zwischen 5% und 7% der Mediziner tatsächlich weiblichen Geschlechts gewesen sein sollten. Was uns seitlich die Tafel erklärte.
Nachgelesen prangt ein Name: Leoparda, die eine spätantike römische Gynäkologin war, die am Hof Kaiser Gratians (359–383 n. Chr.) ihrer Tätigkeit als Medizinerin nachging.
Bei den Römern ist wie gesagt der Beruf der medica (= Ärztin) zahlenmäßig gering vertreten, nichts desto trotz flächenmäßig über das Imperium verteilt nachgewiesen! Waren Ärztinnen in Bedaium tätig gewesen?
Die Ärztinnen leisteten ihren Einsatz dabei vorwiegend in der Gynäkologie. Gelegentliche spätere Grabfunde bezeugen, dass die Ärztinnen auch auf anderen Gebieten arbeiteten. Ein Stein in Belginum (Wederath/Trier... und ich muss unbedingt meine Tante darauf ansprechen!) brachte den Nachweis für eine Chirurgin zu Tage. In weniger entwickelten Gebieten betätigten sich Frauen mit klassischem Kräuterheilwissen sowie einfacher medizinischer Kunst ebenfalls auf beide Geschlechter verteilt. Eine moderne Form trat zutage, wenn ich an die aufgesetzten Bemühungen dieser Tage denke, an die Quotenregel, um Frauen beruflich Chancen einzuräumen.
Und weil ich gerade über die Weiblichkeit spreche, seien die zahlreichen Schmuckstücke in den Vitrinen erwähnt. Zum Teil sind es Halsketten, Oberarmreife als auch Kleiderverschlüsse, reich verzierte Fibeln in Ermangelung eines Reißverschlusses. Haarschmuck und Fingerringe kamen aus den geöffneten Gräbern zutage.
Die nächste Station im Museum gab uns Rätsel auf: hier wurde von Wolfslöchern gesprochen und wir überlegten, was es damit auf sich haben könnte. Selbst die Dame an der Kasse des Museums zeigte sich ratlos und suchte sofort hilfsbereit nach einer möglichen Erklärung. Es war eine Herausforderung, da das Internet zu langsam arbeitete und die Unterlagen keinen Aufschluss boten.
Später las ich im Hotel bei meiner Recherche nach: der sogenannte Wolf wurde als Werkzeug für Steine genutzt, der bereits in der Antike im Einsatz war. Die Vorgehensweise lief wie folgt ab. In den zu transportierenden Steinen schlugen die Steinmetze entsprechend beidseitig Löcher (die Wolfslöcher), anschließend kamen Beilagsplatten, genannte Passstücke, und die Metallplatte, der sogenannte Kloben mit Transportring, zum Einsatz. Das Wolfsloch musste exakt geschlagen werden und nach dem Anlegen des Wolfs mussten verbleibende Hohlräume mit feingesiebtem Sand verschlossen werden. Beim Anheben des Steins verspreizte sich der Wolf in den Stein. Unterschieden wird zwischen dem großen und dem kleinen Wolf und es war mit diesen Gerätschaften möglich, Lasten bis zu 2 Tonnen anzuheben.
Den kleinen Wolf gab es mit zwei Passstücken oder mit nur einem Kloben. Nur durch den Kloben (der große Wolf hatte einen geraden Kloben) führte der Ring zum Transport. Kloben und Passstücke waren durch eine Spange unterhalb des Transportrings umschlossen. Die Tiefe des Wolfslochs lag bei etwa 7 cm.
Der große Wolf hat, zwei asymmetrisch ausgebildete Platten und wird nach dem Einsatz mit dem Bolzen und Bügel fixiert. Die Tiefe des Wolfslochs beim Einsatz des großen Wolfs betrug etwa 12 bis 15 cm. Heutzutage wird der Wolf nur noch selten verwendet, da ihn Schwerlastdübel verdrängt haben.
Für die jungen Besucher lockte dagegen ein Tisch römische Mosaike zu legen! Ein Herz lag bereits da.
Ansonsten spielten die Bewohner der Römerzeit gerne ein Geschicklichkeitsspiel mit Knöchelchen, den Astragalen. Einige Spiele, die die Knaben zu seiner Zeit im Gymnasium mit Astragalen zu spielen pflegten, erwähnte sogar der griechische Philosoph Platon (428–349 v. Chr.) in einem seiner Dialoge.
Die Spielsteine wurden aus den Sprunggelenken von Schafen oder Ziegen gewonnen, die fast wie Würfel aussahen. Das Spiel heißt entsprechend nach diesen Knöcheln: Astragale. Die vier Seiten der Astragale besaßen unterschiedlichen Wert. Man würfelte mit vieren und zählte den Wert zusammen.
Very beautiful photos. Looks like a wonderful holiday!
AntwortenLöschenschöne bilder zeigst du und dazu viel zu lesen & entdecken * in Nîmes ist auch ein "musée de la romanité" mit interessante ausstellungen *
AntwortenLöschenprima das gedicht von Ingrid Herta Drewing !
liebe grüsse
mo
merlecolibri